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Landesvorsitzender Dr. Matthias Czech im Interview

35 Jahre ASB in Sachsen: "Ergebnis mutiger Schritte"

In diesem Jahr feiert der ASB in Sachsen das 35-jährige Jubiläum der Neugründungen seiner Verbandsgliederungen. Als erster Verband wurde der ASB Görlitz am 10. Februar 1990 gegründet. Es folgten weitere regionale Gliederungen und die Gründung des ASB Landesverbandes Sachsen am 15. September 1990 in Chemnitz. Gründungsmitglied ist auch Dr. Matthias Czech, seit 2007 Landesvorsitzender. Anlässlich des halbrunden Jubiläums gab der engagierte Mediziner dem Leipziger Magazin KIPPE ein ausführliches Interview zu Meilensteinen, aktuellen Herausforderungen und Wünschen für die Zukunft.

Das folgende Interview ist in der Ausgabe Juli/2025 (Nr. 303) des Leipziger Straßenmagazins KIPPE erschienen. Das Interview führte Redakteurin Sandy Feldbacher.

KIPPE: Herr Dr. Czech, was bedeuten 35 Jahre ASB in Sachsen für Sie?

Für mich sind die 35 Jahre eine echte Wegstrecke. Wir haben unsere Organisation zu einem starken Akteur entwickelt, der als Hilfsorganisation und Wohlfahrtsverband wirkt. Der ASB zählt heute in Sachsen stolze 71.000 Mitglieder und mehr als 5.700 hauptamtlich Mitarbeitende in den Pflegebereichen, in der Senior:innenbetreuung, in der Kinder- und Jugendhilfe oder im Rettungsdienst. Hinzu kommt unsere ehrenamtlich Engagierten im Bevölkerungsschutz, im Sanitätsdienst oder auch beim ASB-Wünschewagen Sachsen. Die Entwicklung macht mich sehr stolz, zumal der ASB, und das maßgeblich, bereits vor 1933 in Sachsen verwurzelt war, jedoch von den Nationalsozialisten verboten wurde und nach 1945 in der DDR nicht wieder gegründet werden durfte. Der ASB in Sachsen in seiner heutigen Form ist das Ergebnis mutiger Schritte und vor allem engagierter Menschen, die mit Herzblut und Verantwortungsbewusstsein unsere Organisation weiterentwickeln wollten und wollen.

Was sind aus Ihrer Sicht Besonderheiten des sächsischen Landesverbandes?

Mit den Neugründungen des ASB in Sachsen und auch in den anderen ostdeutschen Bundesländern ist es gelungen, nach dem Mauerfall zum ersten gesamtdeutschen Wohlfahrtsverband zu werden. Bereits im Dezember 1989 gab es Impulse für Neugründungen, die durch ASB-Gliederungen aus den „alten“ Bundesländern unterstützt wurden. Die erste ASB-Gründung in Sachsen erfolgte am 10. Februar 1990 in Görlitz, am 28. März 1990 folgte Leipzig. Der Wiederaufbau in der damals noch existierenden DDR war von einer atemberaubenden Schnelligkeit geprägt. Bereits am Ende 1990 existierten in allen größeren Städten sowie den meisten Landkreisen ASB-Verbände, größtenteils mit Partnerschaften westdeutscher Ortsverbände. Heute gehören wir zu den mitgliederstarken Landesverbänden und haben den wirtschaftlich zweitgrößten Umsatz aller Landesverbände bundesweit.

Zu den besonderen Aktivitäten im Landesverband gehören die ehrenamtliche Drohnenstaffel beim Regionalverband Dresden, das Spendenprojekt Ellywunschente unseres Regionalverbandes Torgau-Oschatz, die Wasserrettungsstaffel in Riesa oder eine sehr aktive Arbeiter-Samariter-Jugend im Regionalverband Leipzig. Auch das Wohnzentrum in Chemnitz möchte in diesem Zusammenhang erwähnen. Diese Einrichtung ist einerseits Pflegeheim, andererseits Wohnheim für körperlich schwerstbehinderte Menschen.

Was waren im Rückblick Meilensteine in seiner 35jährigen Geschichte?

Zu den Entwicklungsschritten gehörte, dass der ASB Sozialstationen aufbaute und stationäre Pflegeeinrichtungen neu baute oder ehemalige, sogenannte Feierabendheime übernahm, sanierte und anschließend neu eröffnete. In den 1990er Jahren übernahmen einige Regionalgliederungen Kindertagesstätten und Horte – ein Novum im Bundesverband. Nicht zu vergessen sind auch die Einsätze unserer ASB-Katastrophenschutzeinheiten bei Hochwassergeschehen im Freistaat oder während der Corona-Pandemie. Und selbstverständlich die Verleihung des Medien- und Publikumspreises „Goldene Henne“ in der Kategorie „Charity“, mit dem im vergangenen Jahr das Engagement unserer Ehrenamtlichen des ASB-Wünschewagens Sachsen gewürdigt wurde.

Was sind aktuell die wichtigsten Themen in Ihrer Arbeit? Was läuft gut und wo gibt es Probleme?

Mir ist wichtig zu betonen, dass wir uns als ASB für das Gemeinwohl und für die Daseinsvorsorge engagieren und diese auch fördern möchten. Hierfür braucht es aber auch eine gesicherte Finanzierung. Wie andere Organisationen stehen auch wir vor der Aufgabe, unsere Aktivitäten in den verschiedenen Leistungsbereichen auskömmlich zu finanzieren. Wir nehmen zur Kenntnis, dass die öffentlichen Haushalte seit Jahren angespannt sind und absehbar so bleiben werden. Das wirkt sich auch auf unsere Arbeit aus, beispielsweise im Zuge sinkender Kinderzahlen und der in Rede stehenden Einrichtungsschließungen. Bei allen Notwendigkeiten und politischen Zwängen appellieren wir aber, hierbei mit Augenmaß zu handeln. Außerdem stellt sich der ASB in Sachsen, wie alle anderen Unternehmen und Verbände im sozialen Bereich, dem Fachkräftemangel und den Aufgaben im Zusammenhang von Digitalisierung und dem Einsatz von künstlicher Intelligenz.

Wie geht insbesondere der Zivil- und Katastrophenschutz des ASB-Landesverbandes Sachsen mit der neuen politischen und Sicherheitslage in Deutschland, Europa und weltweit um? Welche Pläne und/oder konkreten Maßnahmen beschäftigen Sie in diesem Zusammenhang?

Wie auch andere Experten sehen wir uns in Deutschland in Zeiten multipler Krisen. Wir haben es mit einer veränderten Sicherheitslage in Europa zu tun. Außerdem haben wir in der Corona-Pandemie Erfahrungen in einer Gesundheitskrise gesammelt und sehen uns mit extremen Wetterereignissen auch hierzulande konfrontiert. Aus Sicht des ASB müssen wir an der zivilen Krisenvorsorge arbeiten, um uns auf ähnliche Szenarien vorzubereiten. In diesem Zusammenhang müssen wir bedenken, dass der Bevölkerungsschutz zu 90 Prozent von Ehrenamtlichen erfolgt. Diese Strukturen müssen gestärkt werden. Ansätze, die wir verfolgen, sind unter anderem Selbstschutz-Schulungen und eine noch engere Vernetzung mit anderen Hilfsorganisationen. Wir haben vor, diese Themen innerhalb der ASB-Familie in den nächsten Monaten intensiv zu diskutieren und hieraus Maßnahmen abzuleiten. Ein Format dafür ist die ASB-interne Mitteldeutsche Rettungsdienstleitertagung, die wir derzeit vorbereiten.

Wie feiern Sie Ihr Jubiläum? Welche Höhepunkte sind geplant?

Die 35 Jahre ASB in Sachsen haben wir als Landesverband vor wenigen Wochen im Rahmen eines Festaktes in Dresden begangen. Anwesend dabei waren unter anderem auch Abgeordnete des Deutschen Bundestags aus der Region, aber auch der Landesgeschäftsführer unseres Spitzenverbandes, des Paritätischen Sachsen. Die Vernetzung mit politischen Akteuren und mit anderen Trägern ist uns sehr wichtig, gerade wenn es darum geht, sich für eine tolerante, vielfältige und demokratische Gesellschaft stark zu machen. Darüber hinaus finden Veranstaltungen in unseren Regionalgliederungen statt, beispielsweise Mitarbeiterfeste oder Kooperationspartnertreffen.

Was wünschen Sie sich für den ASB in Sachsen zum Jubiläum?

Ich wünsche mir, dass mir, dass wir neben den aktuellen Feldern unserer Arbeit wieder mehr Rettungsdienste in den sächsischen Kommunen betreiben können. Dieser Bereich gehört traditionell zur ASB-DNA.